Artikel aus dem Westfalen-Blatt, 14.11.2015. Ausschuss verschiebt Beschluss über Mietwohnungen am Berufskolleg — Nur die Bürgermeisterin redet Klartext.
»Stadtpark ist hier undenkbar«
Ausschuss verschiebt Beschluss über Mietwohnungen am Berufskolleg — Nur die Bürgermeisterin redet Klartext
Von Klaus-Peter Schillig
Halle (WB). Stadtpark oder Mietwohnungen? Für das Gelände zwischen Berufskolleg und Bahnlinie hat der Haller Planungs- und Stadtentwicklungsausschuss auch am Donnerstagabend noch keine Entscheidung getroffen.
Mehr als 50 Anhänger der Stadtpark-Initiative drängelten sich im engen Sitzungssaal des Rathauses und vor der Tür auf dem Flur, um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen. Immerhin hatten 1000 Personen einen entsprechenden Antrag unterschrieben. Druck bekommen die Kommunalpolitiker aber auch vom Kalender: »Wir haben dringenden Handlungsbedarf«, sagte Bürgermeisterin Anne Rodenbrock-Wesselmann, denn in Halle würden so schnell wie möglich Wohnungen benötigt. Nicht nur für Flüchtlinge, sondern auch für Menschen, die in Halle nicht nur arbeiten, sondern auch wohnen möchten. Die Fläche am Berufskolleg wäre am schnellsten bereitzustellen. Ein Stadtpark sei an dieser Stelle für sie undenkbar, weil der Kreis Gütersloh als Eigentümer des Geländes auch einen Preis nach Bodenrichtwertkarte erzielen wolle. Das würde für die Stadt nicht nur hohe Anschaffungskosten, sondern auch die Einrichtung eines Parkes mit den Folgekosten bedeuten.
So deutlich mochte sich von den Ratsmitgliedern im Ausschuss aber niemand äußern. Jochen Stoppenbrink (Grüne) und Manfred Stockhecke (UWG) bezogen deutlich Stellung gegen die Bebauung am Berufskolleg und schlugen Alternativ-Standorte für den Mietwohnungsbau vor. Beispielsweise das Müller-Gelände in Künsebeck oder das künftige Baugebiet Gartnischkamp. Stockhecke drängte darauf, mit den privaten Eigentümern von Flächen Kontakt aufzunehmen, die ohnehin in rechtskräftigen Bebauungsplangebieten lägen.
Karin Otte (SPD) nutzte den Vorschlag von Bauabteilungsleiter Michael Flohr, um im überfüllten Saal etwas Druck vom Kessel zu nehmen. Flohr hatte empfohlen, zwar einen Beschluss für die Aufstellung eines Bebauungsplanes zu fassen, die Zielrichtung aber offen zu lassen. Im Rahmen der frühzeitigen Bürgerbeteiligung könnten sich alle Interessengruppen einbringen.
Dabei könnten eventuell auch andere Standorte für Mehrfamilienhäuser offenkundig werden. Nach diesem Verfahrensschritt müsse die Politik sich dann aber deutlich äußern, in welche Richtung der Bebauungsplan gehen solle. Dieser Vorschlag wurde letztlich nur von UWG und Grünen abgelehnt.
Karin Otte sieht aber auch bei einer möglichen Bebauung am Berufskolleg kein »Zupflastern« des Geländes. Die wertvollen Eichen würden ohnehin erhalten, es bliebe noch reichlich Grün übrig. Außerdem habe Halle schon Parkflächen. Sie nannte dabei den Grünzug am Laibach. Ihr Fraktions-Vorsitzender Wolfgang Bölling erwähnte weitere Alternativen für Mietwohnungsbau. Das Borgers-Gelände mit der Fabrikruine sei aber nicht schnell genug baureif zu bekommen, ebenso wie Grundstücke zwischen Martin-Luther-Straße und »Haller Herz«.
[BILD]
Hartmut Lüker (im karierten Hemd) konnte während der Sitzung selbst noch einmal für den Stadtpark werben. Foto: Schillig
Kommentar
1000 Unterschriften, mehr als 50 Besucher mit größtenteils entschlossener Miene im Sitzungssaal — da lässt der Politiker lieber etwas Zurückhaltung walten. Zur Streitfrage Stadtpark gegen Mietwohnungsbau kamen nur von den Stadtpark-Befürwortern Jochen Stoppenbrink und Manfred Stockhecke klare Ansagen im Sinne der vielen Zuhörer.
Die SPD rettete sich in Michael Flohrs Kompromiss-Vorschlag, ließ ihre Einstellung — pro Wohnungsbau — aber wenigstens erkennen.
Die CDU hingegen hielt sich ganz vornehm zurück, ihr Fraktionsmitglied Wolfgang Schulz beschränkte sich als Ausschuss-Vorsitzender auf die Moderatorenrolle.
Kein Klartext also von der Politik, trotz des großen Zeitdrucks. AllzuIange wird man sich davor aber nicht mehr drücken können, dann muss entschieden werden. Noch so ein Beruhigungs-Beschluss wie Donnerstag ist dann nicht mehr drin.
Meine Prognose: Kein Stadtpark.
Klaus-Peter Schillig