Artikel aus dem Westfalen-Blatt, 11.12.2015. Erstmals 35 000 Euro für Mietzuschüsse im Haushalt eingeplant — auch eigene Investitionen vorgesehen.
Stadt kurbelt den Wohnungsbau an
Erstmals 35 000 Euro für Mietzuschüsse im Haushalt eingeplant — auch eigene Investitionen vorgesehen
Von Klaus-Peter Schillig
Halle (WB). Mit einem Förderprogramm will die Stadt Halle den Mietwohnungsbau ankurbeln. Um mindestens 150 Wohnungen in den kommenden Jahren zu schaffen, werden insgesamt bis zu 1,2 Millionen Euro benötigt.
Der Antrag der SPD ist am Mittwochabend im Haupt- und Finanzausschuss auf Zustimmung auch aller anderen Fraktionen gestoßen. Die CDU enthielt sich der Stimme. »Das tun wir aber nicht, weil wir es blockieren wollen«, sagte ihr Fraktionsvorsitzender Hendrik Schaefer. Über das Ziel sei man sich einig, der Weg dorthin sei aber noch offen.
Im Haushalt für 2016 sind erst einmal 35 000 Euro eingeplant, damit sollen möglichen Bauherren Mietzuschüsse gezahlt werden. Für eine einfache Sozialwohnung wäre das ein Euro pro Quadratmeter, für eine barrierefreie Ausstattung 1,50 Euro.
Einig sind sich die Politiker aller Fraktionen, dass man mit dem festgeschriebenen Mietzins von 4,65 pro Quadratmeter auch Sozialwohnungen nicht mehr finanzieren kann, die Stadt deshalb etwas drauflegen müsse. Einig sind sich die Fraktionen auch, dass die Kreiswohnstätten-Genossenschaft der Wunschpartner wäre als Bauherr und Zuschussempfänger. Den Zahn hat Sven Eisele, Vorstandssprecher der KWG, aber schon allen gezogen, die bei ihm vorgesprochen haben. Denn Wohnungen werden in allen Orten im Altkreis benötigt.
Kein Wettbewerb
SPD-Fraktionsvorsitzender Wolfgang Bölling stellte klar, dass es keineswegs nur darum ginge, Wohnraum für Flüchtlinge zu schaffen, sondern für alle, die in Halle arbeiten und hier wohnen möchten. Mit dem vorgeschlagenen Fördermodell habe man sich am Beispiel Steinhagen orientiert, wo die gleichen Beträge angesetzt sind. Hier wird mit der KWG gerade ein Elf-Parteienhaus an der Langen Straße errichtet. »Wir wollen auch mit unseren Nachbarn nicht in einen Wettbewerb treten«, begründete Bölling das gleiche Fördermodell.
Insgesamt sollen mit dem Programm maximal 30 Wohnungen pro Jahr, insgesamt 150, gefördert werden und das für zehn Jahre. Nach fünf Jahren würde sich der Fördersatz auf die Hälfte reduzieren. Nach Hochrechnungen der Verwaltung könnten sich daraus Gesamtkosten von etwa 1,2 Millionen Euro ergeben — je nachdem, wie viele Wohnungen nach welchem Standard gebaut würden.
Thomas Tappe machte den Vorschlag, auf jeden Fall zweigleisig zu fahren und angesichts der Niedrigzinsen auch weiterhin selbst zu investieren. Tappe schlug den Bau von weiteren Wohnheimen für Flüchtlinge vor, die man nachher eventuell in Mietwohnungen umwandeln kÖnnte. Der CDU-Ratsherr wies aber auch auf das Problem hin, dass Flüchtlinge nicht automatisch einen Wohnberechtigungsschein erhalten. Das sei erst möglich, wenn sie als Asylbewerber anerkannt seien und einen Bleibestatus hätten. Thomas Tappe regte an, die Richtlinien für die Vergabe der Fördermittel so zu fassen, dass die Stadt nicht irgendwelchen unseriösen Investoren aufsitze. Ansonsten könne und müsse man natürlich mit allen Bauträgern zusammenarbeiten.
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Die KWG steckt gerade mitten in einem umfangreichen Sanierungsprogramm für ihren Altbestand. Diese Häuser am Ulmenweg in Halle wurden bereits modernisiert. Sie sind jetzt nicht nut gut gedämmt, sondern auch ansprechend gestaltet. Foto: Klaudia Genuit-Thiessen
KWG will die Modernisierungen nicht einstellen
»Unsere Kapazitäten sind endlich«‚ sagt KWG-Vorstand Sven Eisele auf Anfrage, wenn es um die Wünsche der Altkreis-Kommunen nach Neubauvorhaben geht. Denn seit Jahren hat sich die Kreiswohnstätten-Genossenschaft darauf konzentriert, ihren Altbestand zu sanieren. Viele der insgesamt 1738 Wohnungen stammen noch aus der Nachkriegszeit sowie aus den 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Die gilt es, auch energetisch auf Vordermann zu bringen.
»Wir werden die Modernisierung nicht komplett einstellen«, sagt Eisele mit Blick auf die oft langjährigen Mieter. Man werde aber über die Zahl der Wohnungen pro Jahr reden. Was die KWG dann noch an Wohnungen bauen könne, hänge auch von der Verfügbarkeit der Grundstücke ab. Eigene Grundstücke seien schon geprüft, ob man dort »nachverdichten« könne. Ein Grundstück in Versmold habe man schon im Auge, bei einem in Halle gebe es aber kein Baurecht.
Im Gegensatz zu früher verfügt die KWG auch über keine eigene Planungsabteilung mehr. Die ist schon mit der Pensionierung von Josef Siemens aufgelöst worden. Die Aufträge müssten deshalb komplett vergeben werden — was zusätzliche Kosten verursacht. »Wir wollen aber auch keine Schachteln hinsetzen, sondern Gebäude, die wir mindestens 70 Jahre im Bestand haben können«‚ äußert sich der KWG-Chef auch zu den eigenen Qualitätsansprüchen.
Angesichts der Mietpreis-Vorgaben bei Sozialwohnungen ist es laut Eisele für Bauherren besser, frei finanziert zu bauen. Der Altkreis Halle ist da bei der Normalausführung auf 4,65 Euro / Quadratmeter zurückgestuft worden. Dafür könne man nicht bauen. Könne man sich am normalen Mietspiegel orientieren, seien Mieten bis zu 6,50 Euro aber auskömmlich.
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Sven Eisele, Vorstand der KWG mit Sitz in Halle.