Artikel aus dem Haller Kreisblatt, 30.1.2016. Sportpolitik: Die Verwaltung will ein Vereinsheim nördlich des Schulzentrums Masch nicht — sie hat anderes vor. Die Politik dürfte das mehrheitlich anders sehen.
Rathaus kontra SC Halle
Sportpolitik: Die Verwaltung will ein Vereinsheim nördlich des Schulzentrums Masch nicht — sie hat anderes vor. Die Politik dürfte das mehrheitlich anders sehen
VON MARC UTHMANN
Halle. Es war die nächste Episode im Streit um das Vereinsheim für den SC Halle. Und sie hatte Verblüffendes zu bieten. Im Ausschuss für Planung und Stadtentwicklung wurde am Donnerstagabend endgültig klar, dass der Antrag des Vereins auf ein Sportlerheim nördlich des Schulzentrums Masch — zwischen den beiden Sportplätzen — genehmigungsfähig ist. Doch plötzlich offenbarte Bauamtsleiter Jürgen Keil, dass die Stadt mittelfristig ganz andere Pläne mit dem Areal hat.
Die Fakten
„Der Standort nördlich des Schulzentrums ist zwar nicht frei von Risiken, aber genehmigungsfähig“, sagte Michael Flohr vom Haller Bauamt. Das bestätigte Schallschutzexperte Klaus Brokopf: „Die nördliche Anlage ist mit Blick auf den Lärm zwar schon jetzt auf Kante genäht — aber eine rein sportliche Nutzung würde funktionieren.“ Doch werde in Vereinsheimen erfahrungsgemäß auch gefeiert. Wie Flohr brachte er die Fläche südlich der Masch ins Spiel, die mit Blick auf den Lärmschutz konfliktfreier sei. Bernhard Bußwinkel, Abteilungsleiter Bauen beim Kreis Gütersloh, analysierte die Lage hingegen nüchtern: „Der Antrag, wie ihn der SC Halle stellen will, ist harmlos. Ob der Standort insgesamt zukunftsfähig ist, ist nicht unser Bier.“
Das sagt der SC Halle
Man habe sich mit der südlichen Variante beschäftigt, diese beinhalte allerdings noch viele Unwägbarkeiten. „Wir präferieren darum die Lösung im Norden — und wir stehen zu der Nutzung, die wir beantragt haben“, sagte der Zweite Vorsitzende Matthias Reich. Was von SC-Geschäftsführer Matthias Kamann noch einmal bekräftigt wurde: „Wir haben die Nutzungsbeschreibung so abgegeben, dass sie der Realität entspricht.“
Die Nutzung
Elterngespräche, Teamsitzungen, Trainerfortbildungen sollten künftig ebenso möglich sein wie Kursstunden im Rehasport und Büroarbeit — im Schnitt hielten sich 20 Personen im Gebäude auf. „Wir brauchen das schnell“, betonte Kamann, „immerhin vertreten wir 2000 Menschen.“
Überraschender Konter
Es war an Bauamtsleiter Jürgen Keil, gegen die SC-Pläne zu opponieren — Bürgermeisterin Anne Rodenbrock-Wesselmann hatte bei den Zuhörern Platz genommen. Und Keil kam in Fahrt: „Wir müssen uns fragen, ob Sportflächen an dieser Stelle grundsätzlich richtig platziert sind.
Wir brauchen eine Sportstättenplanung“, sagte Keil und brachte plötzlich ins Spiel, in einigen Jahren beide Sportplätze in den Süden des Schulzentrums zu verlegen, wenn der Kunstrasen gewechselt werden müsse. „Das ist kein Hexenwerk“, argumentierte der Bauamtsleiter und legte nach: „Wir werden dort bald ein Flüchtlingsheim haben — das drängt sich zur Nachnutzung für den SC Halle förmlich auf.“ Für „den Übergang“ könne man dem SC ja „etwas Mietbares“ zur Verfügung stellen — also einen Container.
Neues Wohngebiet
Gegenfinanzieren könne man die Verlagerung übrigens — und jetzt kam Keil zum Kern seiner Botschaft — durch Wohnbebauung auf der derzeitigen Fläche des Sportzentrums. Damit hatte der allgemeine Vertreter der Bürgermeisterin die Politik verblüfft.
Die Fraktionen
„Was Sie hier skizzieren, liegt in ferner Zukunft. Wir sollten den Antrag des SC unterstützen“, sagte Manfred Stockhecke (UWG). Jochen Stoppenbrink (Grüne) stieß ins selbe Horn: „Ich kann die Argumentation der Verwaltung verstehen, aber der SC Halle wartet seit vier Jahren. Zu den von Ihnen skizzierten Alternativen brauchten wir mehr Informationen.“ Und auch Wolfgang Schulz positionierte sich: „Der SC sollte möglichst schnell ein Vereinsheim bekommen — für eine Südverlegung fehlt uns ein zeitlicher Rahmen.“ Die Stimmen dieser Fraktionen würden für eine Mehrheit pro SC genügen.
So geht’s weiter
Die Ausschussvorsitzende Ulrike Sommer (SPD) war um Klärung aller Missverständnisse bemüht, ließ am Ende sogar das Protokoll verlesen. Und stellte fest: „Am 25. Februar tagt dieser Ausschuss wieder. Bis dahin muss der SC Halle einen Antrag gestellt haben. Dann entscheiden wir.“
Die finale Drohung
Doch Jürgen Keil schaltete sich noch einmal ein: „Wenn wir uns für ein Vereinsheim im Norden — und einen Hybridrasen auf dem bisherigen Rasenplatz — entscheiden, nehmen wir uns für lange Zeit die Chance auf andere Entwicklungen. Und wir reden hier von 4,2 Hektar Bauland im Zentrum.“ Zudem sei noch nicht über die Kosten gesprochen worden: „Der Umstand, dass 300 000 Euro im Etat stehen, sagt ja nichts darüber aus, was am Ende gezahlt wird“, so Keil. Die Stadt liefere nur einen Zuschuss. „Man sollte die Finanzierung stehen haben, ehe man einen Antrag stellt.“
[BILD] Um Klarheit bemüht: Ausschussvorsitzende Ulrike Sommer.
[BILD] Stellt alles in Frage: Bauamtsleiter Jürgen Keil.
[BILD] „Stehen zur Nutzung“: Matthias Reich vom SC Halle.
[BILD] Sollten den SC unterstützen: Manfred Stockheeke (UWG).
[BILD] „Wir brauchen das schnell“: Matthias Kamann (SC Halle).
[BILD] „SC wartet seit vier Jahren“: Jochen Stoppenbrink (Grüne).
[BILD] „Antrag ist harmlos“: Bernhard Baßwinkel (Kreis).
[BILD] „Möglichst schnell“: Schulz (CDU).
KOMMENTAR
Vereinsheim für den SC Halle
Späte Manöver
VON MARC UTHMANN
Strategische Argumente führte Bauamtsleiter Jürgen Keil in der Sitzung am Donnerstag plötzlich an. Ziemlich spät und ziemlich überraschend für alle Seiten. Selbst wenn vieles dafür spräche, die planerische Entwicklung am Schulzentrum grundsätzlich zu überdenken, legt der Zeitpunkt des Vorstoßes doch ein Manöver der Verwaltung nahe. Sie zieht den Joker erst in dem Moment, als sich eine Genehmigung der SC-Pläne abzeichnet. Spätestens jetzt dürften sich die Vereinsvertreter vor den Kopf gestoßen fühlen.